Gleitschleifen, Trowalisieren oder Vibrationsschleifen sind drei unterschiedliche Bezeichnungen für ein und dasselbe Verfahren: Die mechanische Oberflächenbearbeitung von Bauteilen mithilfe von Schleifkörpern (oft auch Steine oder Chips genannt) und meist einem flüssigen Zusatz (Wasser und Compound) in einer Vibrationsanlage. Ein ähnliches Verfahren ist das Trommelschleifen, bei dem der Materialabtrag allerdings ohne Vibration und nur durch eine Rotationsbewegung erfolgt.
Beim Gleitschleifen wird durch Abrasion und Reibung Material von der Oberfläche entfernt, um sie zu entgraten, zu glätten, zu polieren oder auch zu reinigen.
Das Verfahren kommt praktisch in allen Industriebranchen zum Einsatz. Es kann zwar auch zur Bearbeitung von größeren Einzelteilen eingesetzt werden (Felgen oder sogar Schiffsschrauben), sein ganzes Potential kann das Gleitschleifen aber insbesondere dann ausspielen, wenn eine reproduzierbare, kostengünstige und einfach steuerbare Bearbeitung von großen Werkstückchargen gefragt ist.
Wie funktioniert das Gleitschleifen?
Beim Gleitschleifen werden die Werkstücke zusammen mit den Kunststoff- oder Keramikschleifkörpern in einen runden oder trogartigen Behälter gegeben. Dieser wird mithilfe eines Motors in Schwingung versetzt. Dadurch entsteht eine relative Bewegung zwischen Werkstück und Schleifkörpern, die den Materialabtrag an der Werkstückoberfläche bewirkt. Durch die Zugabe von Compounds, also meist flüssigen Bearbeitungszusätzen auf chemischer Basis, können zusätzliche Effekte erreicht werden, wie zum Beispiel Korrosionsschutz, Reinigung oder Entfettung.
Welche Anlagen werden zum Gleitschleifen eingesetzt?
Die klassische Gleitschliffanlage zur Massenbearbeitung unempfindlicher Teile schlechthin ist der Rundvibrator in verschiedensten Größen und Ausführungen. Darin können fast alle Materialien und Werkstücke bearbeitet werden, die nicht zu groß und nicht zu filigran sind. Für lange oder sperrige Teile bietet sich die Bearbeitung in Trogvibratoren an. Spezialverfahren wie das Gleitschleifen in Fliehkraftanlagen sowie Schlepp- und Surf-Finishern sind in der Lage, die Wirksamkeit des Bearbeitungsverfahrens enorm zu potenzieren und auch härteste Materialien in kurzer Zeit zu bearbeiten. Das von Rösler optimierte Surf-Finishing-Verfahren etwa ist die stärkste Form des Gleitschleifens – und bis zu 50-mal so effektiv wie die Bearbeitung in einer gewöhnlichen Gleitschliffanlage. Gleichzeitig erlauben diese Formen des berührungslosen Gleitschleifens eine Bearbeitung hochempfindlicher Teile, etwa für die Medizintechnik oder für die Luftfahrt.
Welche sind die gängigsten Bearbeitungsverfahren?
Entgraten
Viele Anwender nutzen das Gleitschleifen in erster Linie zum Entgraten, also zur Entfernung störender Kanten und Flitter sowie Auffaserungen aus dem vorangegangenen Herstellungsprozess. Besonders hier zeigt sich, dass das Trowalisieren oder Gleitschleifen in erster Linie ein Verfahren ist, welches die Weiterverarbeitung der Teile vielfach erst möglich macht. In Kombination mit den geeigneten Verfahrensmitteln lassen sich fast alle Materialien im Gleitschliffverfahren entgraten, selbst Kunststoff, Holz oder Gummi.
Polieren
Das Polieren ist eines der Kernanwendungsgebiete der Gleitschlifftechnik und hat sowohl ästhetische als auch funktionstechnische Gründe, etwa wenn Reibung reduziert werden soll. Es handelt sich dabei um ein extrem abrasionsarmes Bearbeitungsverfahren, bei dem die Oberfläche des Werkstücks so weit wie möglich geglättet werden soll. Extrem feine Oberflächen werden mit verschiedenen Schleifkörpern und Pasten oder Poliermitteln, oft in mehrstufigen Verfahren, erreicht.
Reinigen
Entfernung von Schmutz, Oxidschichten oder Rückständen von der Werkstückoberfläche. Auch dieses Verfahren ist oft Voraussetzung für eine weitere Verarbeitung der Teile und fest im Herstellungsprozess verankert. Etwa, wenn Werkstücke unter Einsatz von Ölen und Fetten im Tiefziehverfahren hergestellt wurden und anschließend für die Weiterverarbeitung gereinigt werden müssen. Auch zum Reinigen von Besteck in der Großgastronomie oder zum Reinigen von Münzplättchen werden Gleitschliffanlagen eingesetzt.
Kantenverrunden
Auch für das Kantenverrunden stellt das Gleitschleifen eine effektive Bearbeitungslösung dar. Scharfe Kanten sind, ebenso wie die Grate, dem vorangegangenen Herstellungsprozess geschuldet. Sie zu verrunden hat viele positive Effekte: Es dient als Schutz der weiterverarbeitenden Maschinen, verringert die Verletzungsgefahr bei der Weiterverarbeitung und ermöglicht z. B. eine längere Lebensdauer und eine gleichmäßige Beschichtung.
Welche Branchen nutzen das Gleitschleifen?
Die Gleitschlifftechnik ist in allen Industriebranchen zu Hause. Zum Einsatz kommt sie unter anderem:
- In der Automobilindustrie zum Entgraten und Polieren von Getriebeteilen, Kolbenringen oder Lagerkomponenten sowie zur Verbesserung der Oberflächenqualität von Sichtteilen oder Felgen.
- In der Luft- und Raumfahrt zum Glätten und Entgraten von Turbinenschaufeln und anderen Hochpräzisionsteilen.
- In der Medizintechnik zum Polieren von Implantaten (z. B. Hüftgelenken und Kniegelenken oder Zahnprothesen) und chirurgischen Instrumenten.
- Im Maschinenbau zur Oberflächenveredelung von Werkzeugen, Lagerteilen und Maschinenelementen.
- In der Schmuckindustrie zum Polieren und Glätten von Schmuckstücken aus Edelmetallen.
- In der Elektronikbranche zur Oberflächenbehandlung von Kontaktteilen und Gehäusen.